Wahrnehmung vor der eigenen Haustür

Neues Gymnasium rückt Kinderarmut in den Fokus – Kooperation mit dem Verein ChaKA

WILHELMSHAVEN. Statistisch ist bundesweit jedes fünfte Kind von Armut betroffen – in Wilhelmshaven jedes dritte. Mit Unterstützung des Vereins ChaKA – Chancen für Kinder im Alltag – setzen sich die 8. Klassen des Neuen Gymnasiums aktuell intensiv mit diesem Thema auseinander.

Künstlerin Christa Marxfeld-Paluszak hat vor 14 Jahren den Verein ChaKA gegründet und ist von Beginn an dessen Vorsitzende. „Schon vorher hatte ich das Thema Kinderarmut künstlerisch aufgegriffen“, erzählt sie. Die Aufmerksamkeit, die sie mit ihren Bildern erzeugte, sei leider eher gering gewesen. Grund genug, einen gemeinnützigen Verein zu gründen. „Mit einer Spende von 15 000 Euro sind wir damals angefangen. Bis heute sind es 417 000 Euro!“

15 Bilder zum Thema hat die Künstlerin nun dem NGW überlassen, um sie für den Unterricht zu nutzen. Das passiert im Fachbereich Werte und Normen der 8. Klassen. „Wir haben uns zuletzt mit Menschenrechten beschäftigt, jetzt rückt der Fokus auf Kinderarmut. Das Problem vom Werte- und Normen-Unterricht ist, dass dieses Problem häufig nur auf Dritte-Welt-Länder bezogen wird, dabei haben wir es auch vor der eigenen Haustür“, sagt Thilo Hebold von der Fachgruppe.

Mit den Bildern könnten die Schüler einen viel direkteren Bezug herstellen und mehr Empathie für die Thematik bekommen, ist der Lehrer überzeugt. „Wir kommen weg von der reinen Sach- hin zu einer Werteebene.“

Das sieht Dr. Wiebke Endres vom Schulvorstand genauso. „Ich glaube, es funktioniert sehr gut, über Bilder miteinander ins Gespräch zu kommen. Wie zeigt sich Kinderarmut? Wie gehen wir damit um? Darum geht es um das Verständnis, dass das Thema eine der zentralen Herausforderungen der Gesellschaft darstellt.“

Schulleiter Stefan Fischer ist es wichtig, dass die Thematik über den Unterricht hinausgeht. „Wir sind als Schule schon lange sozial engagiert. Aber mit diesen Bildern, die im Gebäude ausgehängt sind und den Diskussionen, die sich daraus hoffentlich ergeben, rückt die soziale Komponente wieder stärker in den Schulalltag“, so Fischer. Es sei noch immer so, dass Erfolg an Finanzen gekoppelt ist. Schule bilde die Gesellschaft ab. An Gymnasien sei der soziale und finanzielle Hintergrund der Schüler vermutlich besser als etwa an Oberschulen. „Aber natürlich gibt es auch bei uns Schüler aus sozial schwachen und bildungsfernen Familien, die hier Abitur machen. Das ist uns ganz wichtig“, sagt der Schulleiter. Am Ende sollten alle Schüler, nicht nur die der 8. Klassen, durch die Auseinandersetzung mit dem Thema Kinderarmut für sich mitnehmen, dass es eben nicht selbstverständlich ist, alles zu bekommen, betont Hebold. „Und gleichzeitig sollen meine Bilder Lebensfreude wecken“, ergänzt Marxfeld-Paluszak. „Ja, es gibt auch düstere Motive, aber viele zeigen, dass es für alle Möglichkeiten, Chancen und Hoffnung gibt.“